4 Kraftprotokolle am Trainingsboard, die funktionieren

Im Hinblick auf deine physischen Fähigkeiten ist die Verbesserung der relativen Maximalkraft der Finger ein zentraler Bestandteil, um deine Kletterleistung zu verbessern. Stelle dir die relative Maximalkraft als die Kraft vor, welche die Finger auf einen Klettergriff im Verhältnis zum Körpergewicht aufbringen können. Die Verbesserung dieses Fingerkraft-zu-Gewicht-Verhältnisses kann sowohl durch Erhöhung des Zählers (mehr Fingerkraft), als auch durch Verringerung des Nenners (weniger Körpergewicht) erreicht werden.

Anfänger und fortgeschrittene Kletterer können ihr Kraft-Gewicht-Verhältnis am schnellsten durch eine Veränderung der Körperzusammensetzung verbessern (Verringerung von unerwünschter Muskelmasse und überschüssigem Fett – innerhalb eines vernünftigen Rahmens) und durch die Verbesserung der Klettertechnik (scheinbarer Stärkezuwachs durch erhöhte Effizienz beim Klettern). Darüber hinaus ist ein übermäßiges Fingerkrafttraining während der prägenden Monate/Jahre eines Kletterers unklug und potenziell schädlich – die Fingersehnen brauchen viele Monate (und vielleicht Jahre), um sich auf die extremen Belastungen beim Klettern anzupassen. Unterm Strich bedeutet das: Ein Anfänger wird stetige Gewinne in der scheinbaren Kraft und dem Kraft-Gewicht-Verhältnis haben. Und das einfach durchs Klettern gehen ein paar Tage pro Woche, die Optimierung der Körperzusammensetzung und das Bestreben, die Klettertechnik und die mentalen Fähigkeiten von Woche zu Woche zu verbessern.

Nexgen Griffbrett von Nicros, Inc. (Foto: Eric Hörst)
Nexgen Griffbrett von Nicros, Inc. (Foto: Eric Hörst)

Erfahrenere und Elitekletterer müssen jedoch einen anderen Ansatz wählen. Unter der Annahme, dass diese fortgeschrittenen Kletterer bereits ein hohes Maß an Technik und eine gute Basisfitness besitzen, ist die Verbesserung des Fingerkraft-zu-Gewicht-Verhältnisses möglicherweise der einzige Weg, die Menge an Kraft, welche die Fingerbeuger auf einen Griff aufbringen können, zu erhöhen. Das beste Trainingsgerät für diesen Zweck (wenn du dich damit arrangieren kannst!) ist das Trainingsboard.

Es gibt viele allgemein bekannte Griffbretttrainings- Methoden/Protokolle/Programme (einige gut, manche weniger). In diesem Artikel sind vier nachweislich funktionierende Protokolle detailiert aufgeführt. Fortgeschrittene Kletterer, ohne kürzliche Verletzungen an den Fingern/Ellenbogen/Schultern, können eines der Maximal-Griff-Kraft Protokolle zweimal pro Woche als Ergänzung zum Klettern integrieren. Die Gesamtanzahl der Kletter- und Fingertrainingstage pro Woche darf vier nicht überschreiten. Ein Minimum von drei Ruhetagen pro Woche für die Finger ist von wesentlicher Bedeutung für die neuromuskuläre Erholung und den Fingersehnenumbau. Brichst du diese Regel, kannst du „gebrochen“ enden … auf die ein oder andere Weise.


Trainingsboard „Maximalkraft“ Protokolle

Wärme dich immer gründlich vor einem der folgenden Griffbrettprogramme auf. Idealerweise mit einer allgemeinen Ganzkörperaktivität, um die Herz-Kreislauf- Aktivität zu erhöhen. Alternativ kannst du auch 15 bis 30 Minuten locker Klettern oder Bouldern. Wenn das Training zu Hause stattfindet (keine Kletter- Boulderwand vorhanden), tun es auch ein paar Hampelmänner (für die Blutzirkulation), ein paar Sätze Klimmzüge an Henkeln und schließlich ein paar mal Hängen an einigen Griffen am Trainingsboard mit dem Körpergewicht. Beende das Aufwärmen mit leichtem Stretching und Massage der Unterarmbeuge- und Streckmuskulatur.


„Minimum Edge“ Protokoll

Transgression Trainingsboard by Eva López-Rivera
Transgression Trainingsboard by Eva López-Rivera

Basierend auf der Forschung von Eva Lopez-Rivera, ist dieses Low-Volume-Protokoll das, was ich für Einsteiger als Griffbrettprogramm empfehlen kann (nicht mit einem Programm für Kletteranfänger zu verwechseln – Kletteranfänger sollten überhaupt kein Griffbretttraining machen). Das Programm sollte, über einige Wochen durchgeführt, einen spürbaren Gewinn an Fingerkraft für fortgeschrittene Kletterer bringen. Zudem sollte es als Vorbereitung für das Hängen mit Gewicht am Griffbrett dienen (als nächstes beschrieben). Du brauchst ein Griffbrett mit vielen unterschiedlich großen Leisten und Löchern. Damit kannst du dann experimentieren, an welchen Griffen du für etwa 15 Sekunden gerade so hängen kannst. Die tatsächliche Hangzeit sollte ein paar Sekunden vor dem Versagen des Griffs beendet werden. Dewegen empfehle ich jeweils genau 12 Sekunden lang zu hängen. Durch seine Gestaltung wird dieses Trainingsprotokoll wenig oder gar keinen Muskelpump erzeugen, da es in erster Linie auf das anaerobe, alaktazide Energiesystem abzielt.

  1. Hänge für 12 Sekunden an einem Griff, den du gerade so für 15 Sekunden mit maximaler Anstrengung halten könntest.
  2. Pause für genau 3 Minuten.
  3. Mache vier weitere Hänge nach dem obigen Protokoll. Jeder Hang sollte nahezu maximal sein (Bewertung der wahrgenommenen Anstrengung von 9 bis 9,5 auf einer Skala bis 10), aber nicht ganz bis zum Muskelversagen.
  4. Mache nach dem ersten Satz von insgesamt fünf mal hängen eine Pause von 5 Minuten, bevor du einen zweiten Satz von fünf mal hängen machst. Konzentriere dich zunächst auf das Training der Half-Crimp und Open-Crimp Griffe in jedem Satz. Fortgeschrittene Kletterer können zusätzliche Sätze an Zwei-Finger-Löchern (Offene-Hand) und Zangengriffen machen. Achte darauf, mindestens 5 Minuten zwischen den Sätzen zu pausieren.

Maximum Weight „10-Sekunden“ Protokoll

Nach einer Zeit führt dich das „Minimum Edge“ Protokoll möglicherweise an dem Punkt, winzige, schmerzhafte Leisten verwenden zu müssen, um mit dem oben beschrieben Protokoll weiter trainieren zu können. Gehe an diesem Punkt zu dem „Maximum Weight“ Protokoll über. Dieses Protokoll verwendet größere, bequemere Griffe, die aber mit zusätzlichem Gewicht zu halten sind, um eine ausreichend hohe Intensität für Maximalkraft-Anpassungen zu erreichen. Die ideale Leistengröße für das Hängen mit Zusatzgewicht liegt zwischen 14mm und 20mm, oder etwas weniger als einem Fingerglied. Diese moderate Größe verringert die Schmerzen der Haut und verringert die Belastung auf dem distalen Fingergelenk. Dazu hat sich diese Leistengröße als wirksam erwiesen, um Maximalkraft-Zuwächse zu entwickeln, die sich auf unterschiedlich große Leisten am Fels übertragen lassen.

 Hängende Gewichtsscheiben vom Klettergurt mit dem Rogue Loading Pin (Foto: Eric Hörst).
Hängende Gewichtsscheiben vom Klettergurt mit dem Rogue Loading Pin (Foto: Eric Hörst).

Diese und die nächste Übung präsentieren zwei „Maximum Weigth“ Hangboard-Protokolle, die wirklich funktionieren. Mache zwei bis fünf Sätze von der einen oder anderen – nicht beide! Konzentriere dich hauptsächlich auf die Half-Crimp oder Open-Crimp Griffposition, obwohl fortgeschrittene Kletterer auch ein paar Sätze an Löchern und Zangengriffen machen können. Das hinzugefügte Gewicht wird signifikant sein (in der Regel zwischen 10Kg und für die Elite, 50Kg!), so dass du in eine schwere Gewichtsweste, einen Dip Belt, oder in freien Gewichtsscheiben zur Befestigung am Klettergurt investieren musst. Letzteres ist die beste Lösung, wenn mit einer hohen Menge an Gewicht gearbeitet wird, da so leicht die Gewichte zwischen den Sätzen geändert werden können.

  1. Führe einen 10-Sekunden Hang mit einem Griff durch, den du kaum 13 Sekunden lang mit maximaler Anstrengung halten kannst. Passe das Gewicht je nach Bedarf für dieses Kriterium an.
  2. Pausiere genau 3 Minuten.
  3. Mache vier weitere Hänge nach dem obigen Protokoll. Jeder Hang sollte nahezu maximal sein (Bewertung der wahrgenommenen Anstrengung von 9 bis 9,5 auf einer Skala von 10), aber nicht ganz bis zum Muskelversagen.
  4. Mache nach dem ersten Satz von insgesamt fünf mal hängen eine Pause von 5 Minuten, bevor du einen zweiten Satz von fünf mal hängen machst. Konzentriere dich zunächst auf das Training der Half-Crimp und Open-Crimp Griffe in jedem Satz. Fortgeschrittene Kletterer können zusätzliche Sätze an Zwei-Finger-Löchern (Offene-Hand) und Zangengriffen machen. Achte darauf, mindestens 5 Minuten zwischen den Sätzen zu pausieren, und passe das Zusatzgewicht für jeden Satz (und Griffposition) an, um innerhalb der oben genannten Richtlinien zu bleiben.

Maximum Weight „7-53“ Protokoll

Zlagboard App Trainingssystem.
Zlagboard App Trainingssystem.

Dies ist ein weiterentwickeltes Maximalkraft-Protokoll, das ich entwickelte, um die Maximalkraft zu trainieren und etwas mehr die aerobe Leistungsfähigkeit zu fördern (da die Art der Belastung die Muskeln zur Erhöhung der CP Neusynthese-Rate während der 53 Sekunden Pause zwingt). Es ist auch ein sehr zeiteffizientes Protokoll, wenn mehrere Sätze gemacht werden. Es ist mein Lieblings-Griffbrettprotokoll!

  1. Führe einen 7-Sekunden Hang mit einem Griff durch, den du kaum 10 Sekunden lang mit maximaler Anstrengung halten kannst. Ich empfehle hiefür 14-20mm Leisten oder 20-30mm Zwei-Finger-Löcher. Verwende genug Gewicht, um einen 10-Sekunden Hang extrem schwierig zu gestalten, dennoch ist jeder Trainingshang bei 7 Sekunden zu beenden (d.h. ein paar Sekunden vor dem Muskelversagen).
  2. Pausiere für genau 53 Sekunden. Auf diese Weise dauert jeder Hang-Pausen-Satz genau 1 Minute.
  3. Mache zwei weitere Hänge nach diesem Protokoll. Jeder Hang sollte nahezu maximal sein (Bewertung der wahrgenommenen Anstrengung von 9 bis 9,5 auf einer Skala von 10), aber nicht ganz bis zum Muskelversagen.
  4. Mache nach dem ersten Satz von insgesamt drei mal hängen eine Pause von 3 bis 5 Minuten, bevor du einen zweiten Satz von drei mal hängen machst. Konzentriere dich zunächst auf das Training der Half-Crimp und Open-Crimp Griffe in jedem Satz. Fortgeschrittene Kletterer können einen zweiten Satz für jeden Half- und Open-Crimp Griff machen, oder zusätzliche Sätze an Zwei-Finger-Löchern (Offene-Hand) und Zangengriffen machen. Achte darauf, mindestens 5 Minuten zwischen den Sätzen zu pausieren. Beschränken dich auf maximal fünf Sätze. Das Zlagboard App Trainingssystem ist eine hervorragende Plattform um präzise und effektive Hang-Pausen-Intervalle durchzuführen.

Short-Duration Repeaters (ein „Kraftausdauer“ Protokoll)

The Rock Prodigy by Trango, Inc. (Foto: Trango)
The Rock Prodigy by Trango, Inc. (Foto: Trango)

Repeaters sind eine der ursprünglichsten und beliebtesten Trainingsmethoden am Griffbrett, weil sie sehr stark die sich wiederholende Sequenz der Be- und Entlastung der Griffe beim Klettern imitieren. Die meisten bekannten Repeater-Sequenzen werden mit dem Körpergewicht und mit hohem Volumen ausgeführt – daher trainieren sie die Kraftausdauer weit mehr als die Maximalkraft. Das folgende Repeater-Protokoll, veröffentlicht durch die Anderson-Brüder in ihrem Rock Climber’s Trainingsmanual, arbeitet mit Zusatzgewicht und begrenzt jeden Satz auf etwa eine Minute. Daher ist dieses Griffbrettprotokoll eine Art Brücke zwischen Maximalkrafttraining (vorangegangenen Übungen) und Kraftausdauertraining (wird in einem kommenden Artikel behandelt werden).

  1. Wähle drei bis sieben verschiedene Griffarten für das Training. Zusätzlich zu den Half-Crimp und Open-Crimp Griffen, wählst du noch ein paar andere, wie Offene-Hand, Zwei-Finger-Löcher „back-two“ und „front-two“, weite Zange und schmale Zange. Führe einen Satz (Einsteiger) bis drei Sätze (Fortgeschrittene) von Repeatern mit jeder Griffposition durch.
  2. Jeder Satz besteht aus 6 Hang-Pausen-Intervallen, bestehend aus 7 Sekunden hängen und 3 Sekunden Pause. Daher wird jeder Satz etwa eine Minute dauern. Füge je nach Bedarf Gewicht hinzu, um jeden Satz herausfordernd zu machen, aber nicht so schwer, dass du den Satz von Repeatern nicht vollständig durchführen kannst (die Menge an Gewicht wird viel geringer sein, als in den beiden vorangegangenen Maximalkraft-Protokollen).
  3. Pausiere 3 Minuten zwischen den Sätzen.

Training for ClimbingMit guter Technik am Griffbrett zu trainieren ist wesentlich! Achte auf eine leichte Beugung in den Armen und eine moderate Spannung in den Schultern und im Oberkörper, indem du deine Schulterblatt-Stabilisatoren und Rotatorenmanschette benutzt. Hebe die Knie nur leicht an, um die notwendige Spannung im Körper zu entfalten. Trainiere nie mit dem Full-Crimp Griff (d.h. mit dem Daumen auf den Zeigefinger gelegt). Ebenfalls wichtig: Etabliere zweimal wöchentlich ein Training der Schulterblatt-Stabilisatoren und der Muskeln der Rotatorenmanschette – Schaue in „Training For Climbing“ für eine umfassende Anleitung für das Training der Antagonisten, Stabilisatoren und der Unterarm-Beugemuskulatur nach … und eine ganze Menge mehr!


Übersetzt mit freundlichem Einverständnis von Eric Hörst von trainingforclimbing.com.

Originalartikel von Eric Hörst erschienen am 01.11.2016 auf trainingforclimbing.com
Print Friendly, PDF & Email

3 Gedanken zu „4 Kraftprotokolle am Trainingsboard, die funktionieren

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.