Kraftausdauer #1 – Die 3 Energiesysteme der Muskulatur
Für den Einstieg in den Themenkomplex Kraftausdauer fürs Klettern und Bouldern sollen die drei Energiesysteme der Muskulatur einfach erklärt werden. Zunächst kann grob zwischen zwei Systemen unterschieden werden – und zwar dem aneroben und den aeroben Energiebereitstellungssystem. Anaerob bedeutet, dass die Energie für die Muskulatur ohne Hilfe von Sauerstoff bereitgestellt wird. Aerob bedeuted, dass Sauerstoff bei der Energiebereitstellung mit verwendet wird.
Das ist aber leider noch nicht alles: Zusätzlich muss bei anaeroben Energiebereitsellung noch zwischen der alaktaziden und laktaziden Form unterschieden werden. Das heißt, dass bei der einen Form noch Laktat als Stoffwechselnebenprodukt gebildet wird und bei der anderen Form das eben nicht passiert.
Damit haben wir folgende drei Systeme, die wir uns im Folgenden genauer anschauen:
- Anaerob alaktazid
- Anaerob laktazid
- Aerob
Bei allen Folien arbeite ich immer mit drei verschiedenen Farben für die drei verschiedenen Energiesysteme:
- rot für das anaerobe alaktazide System
- gelb für das anaerobe lakazide System
- grün für das aerobe System
Die 3 Energiesysteme im Überblick
Auf Folie Nr. 1 sind die drei Energiesysteme mit ihren Eigenschaften gegenüber gestellt.
Das anaerobe alaktazide System
Das anaerobe alaktazide System ist nur sehr kurz verfügbar. Also für dauerhafte
Anstrengungen von ca. 1 bis 12 Sekunden. Dafür ist aber der Leistungs-Output sehr hoch!
Beispiele dafür wären kurze Boulder mit wenigen schweren Zügen oder der einarmige Klimmzug.
Als Energiequelle wird das ATP (Adenosintriphosphat) bzw. CP (Creatinphosphat) benutzt. Hinter dem anaeroben alaktaziden Energiesystem steckt also letztendlich die klassische Maximalkraft.
Das anaerobe lakazide System
Das anaerobe laktazide System steht für ca. zwölf Sekunden bis maximal zwei Minuten zur verfügung. Der Leistungs-Output ist hier immer noch recht hoch.
Ein Beispiel dafür wäre eine 15 Meter andauernde Sportkletterroute, oder der 400 Meter Lauf.
Als Energiequelle wird hier das Glykogen verwendet (unvollständiger Glukoseabbau zu Laktat). Bei dem anaeroben laktaziden Energiesystem handelt es sich also um die Kraftausdauer.
Das aerobe System
Das aerobe Energiesystem steht für zwei Minuten bis ca. zwei Stunden (und länger) zur Verfügung. Der Leistungs-Output ist hier nur moderat bis gering.
Beispiele dafür wären Big Wall Klettern, der Marathon oder auch nur einfach für 30 Minuten Joggen zu gehen.
Als Energiequelle dienen hier das Glykogen, die Fettsäuren und das Laktat. Das aerobe System steht somit für die Ausdauer.
Energieproduktion
Auf der zweiten Folie ist die muskuläre Energieproduktion mit ihrem zeitlichen Verlauf aufgezeigt. Auf der Y-Achse ist die Leistung der Muskulatur dargestellt. Auf der X-Achse die Zeit der dauerhaften Beanspruchung. Die X-Achse ist nicht linear – am Anfang sind wir im Sekundenbereich dann im ersten Drittel so im Minutenbereich und zum Ende hin im Stundenbereich.
Rot dargestellt ist das anaerobe alaktazide Energiesystem mit den Phosphaten als Energieträgern (ATP-CP). Das kann am Anfang relativ viel Energie liefern, fällt aber schnell ab und ist nach ca. 10 bis 15 Sekunden (je nach Trainingszustand und Genetik) erschöpft.
Gelb dargestellt ist das anaerobe laktazide System mit dem Energieträger Glykogen. Dieses System liefert auch noch relativ viel Energie, ist aber auch nach ca. zwei Minuten erschöpft.
Und Grün dargestellt ist aerobe Energiesystem, dass dann relativ langsam Energie liefert, aber dafür über einen sehr langen Zeiraum.
Wenn man diese drei Kurven nun aufeinander addiert, bekommt man den gesamten Leistungs-Output der Muskulatur als Fläche dargestellt. Was man an diesem Graph auch sieht ist, dass die Leistung der drei Energiesysteme nicht nacheinander sequenziell abgerufen wird, sondern dass diese drei Bereiche so gewissermaßen ineinander greifen.
Im anaeroben alaktaziden Bereich, also im roten Bereich, ist noch kein „Pump“ oder noch kein Schmerz wie Übersäuerung in der Muskulatur feststellbar. Im anaeroben laktaziden Bereich hingegen, wo dann das Stoffwechselprodukt Laktat anfällt, bekommen wir diesen „Pump“ in den Unterarmen. Zumindest beim Klettern. Wenn man jetzt 400 Meter laufen würde, dann wird sich das in Übersäuerung in den Oberschenkeln bemerkbar machen.
Im grünen Bereich haben wir auch keinen „Pump“ und keine Übersäuerung in der Muskulatur mehr, weil hier die Energiebereitstellung mit Sauerstoff vollständig abläuft. D.h. es bleiben keine Stoffwechselprodukte wie das Laktat übrig.
Energiequellen
In der vierten und letzten Folie werden nun noch die Energiequellen, beziehungsweise die Energieträger dieser drei verschiedenen Energiesysteme beschrieben.
Fangen wir an mit dem wichtigsten, dem ATP, also dem Adenosintriphosphat. Das ist der Treibstoff für die Muskelkontraktion. Leider ist davon nur sehr wenig in der Muskelzelle gespeichert, so dass dieser in sehr wenigen Sekunden, also maximal zwei bis drei Sekunden vollständig aufgebraucht ist und dann über andere Energieträger neuer nach produziert werden muss.
Das wäre dann z.B. das CP, das Creatinphosphat, dass wiederum kann dann relativ schnell in ATP umgewandelt werden. Aber auch davon ist nicht allzu viel in der Muskulatur gespeichert. In ca. 10 bis 15 Sekunden ist also auch das Creatinphospat aufgebraucht.
Als nächstes hätten wir das Glykogen, was letztendlich die Speicherform der Kohlenhydrate ist. Das Glykogen kann auf zwei verschiedene Arten in ATP umgewandelt werden. Zum einen über den anaeroben Weg, also ohne Sauerstoff, kann es in ATP und Laktat umgewandelt werden (anaerobe Glykolyse).
Aerob hingegen wird Glykogen direkt in ATP umgewandelt, was aber langsamer funktioniert (Glukose-Oxidation). Nach ca. ein bis zweieinhalb Stunden ist auch das Glykogen dann normalerweise aufgebraucht.
Das Laktat ist also wie weiter oben schon erwähnt ein Produkt der anaeroben Verbrennung von Glykogen und kann aber dann im aeroben Bereich auch wieder zu ATP umgewandelt werden.
Und zuletzt hätten wir dann noch die Fettsäuren, die im roten Bereich langsam in ATP umgewandelt werden. Die Fettsäuren sind im Körper als Fett gespeichert und damit potenziell der größte Energielieferant.
Allerdings geht die Umwandlung von den Fettsäuren nach ATP relativ langsam. Aber theoretisch ist dieser Energieträger tagelang verfügbar!
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