Selbstdisziplin & Hingabe: Die beiden großen Regulatoren
Beim Klettern geht es um mehr als die körperliche Leistungsfähigkeit. Der Erfolg hängt letztendlich von zwei mentalen Stärken ab. Diese zwei Stärken können Defizite in den körperlichen Fähigkeiten mehr als ausgleichen! Erfahre wie du Selbstdisziplin und Hingabe beim Klettern üben kannst, um deine körperlichen Fähigkeiten weiter zu verbessern.
Es erfordert viel Disziplin, 8a zu bouldern, 8c zu klettern, einen Weltcup-Wettkampf zu gewinnen, einen gewaltigen Berggipfel zu besteigen und andere schwierige Dinge zu meistern. Unabhängig davon welchen Schwierigkeitsgrad du gern klettern möchtest, ist viel Disziplin erforderlich, um ein Traumziel zu erreichen und dein Klettererlebnis vollkommen zu machen. Also, was genau ist Selbstdisziplin? Und wie kann man sie verbessern?
Selbstdisziplin ist die Fähigkeit:
- mit stetiger, bewusster Kontrolle zu handeln, um das eigene Verhalten zu steuern oder zu ändern
- sich von Dingen von geringerem Wert zu trennen
- und Befriedigungen oder kleinere Erfolge hinauszuzögern
Und das alles für Verfolgung eines höheren Zwecks oder Ziels!
Beim Klettern braucht es Selbstdisziplin, um optimal zu trainieren (weder Über- noch Untertraining), sich gesund zu ernähren und unter Stressbedingungen ein ruhiges, kontrolliertes Verhalten zu bewahren. Kletterer üben sich auch in Selbstdisziplin, wenn sie sich entscheiden, auf Dinge (Nahrungsmittel, Aktivitäten und andere extravagante Freuden) zu verzichten, die die persönliche Leistungsfähigkeit verringern und wertvolle Zeit und Energie verschwenden. In allen oben genannten Beispielen erfordert Selbstdisziplin Willenskraft.
Willenskraft eine menschliche Begabung, die sich durch regelmäßigen Gebrauch entwickelt. Indem du jeden Tag aktiv ein wenig mehr Selbstdisziplin an den Tag legst – „ nein “ sagen zu Dingen, die im Widerspruch zu deinen Zielen stehen. Und gleichzeitig die notwendigen Maßnahmen ergreifst, um diese Ziele zu erreichen. Damit wirst du nicht nur deine Selbstdisziplin stärken, sondern auch deinen Willen weiter festigen. Du wirst mehr Selbstvertrauen entwickeln und die einzigartige Freude am vollen Einsatz für ein Ziel spüren.
Das schöne an der Selbstdisziplin ist, dass sie auch ein mächtiges Kompensationsinstrument ist. Betrachte sie als einen Hebel, der deine aktuellen technischen und körperlichen Fähigkeiten vervielfacht. Indem du eine größere Selbstdisziplin entwickelst, vergrößerst du diesen Hebel! Faszinierende Forschungsergebnisse der University of Pennsylvania zeigen, dass Selbstdisziplin ein besserer Indikator für akademischen Erfolg ist als der IQ. Und obwohl sich die Studie nicht mit sportlichen Aktivitäten befasst hat, glaube ich, dass Selbstdisziplin ein ähnlich starker Indikator für sportlichen Erfolg ist. Obwohl die ideale Genetik keine Garantie für großartige Leistungen beim Klettern ist, garantiert im Gegenzug aber ein Mangel an Selbstdisziplin etwas: Mittelmäßigkeit. Hohe Selbstdisziplin kann aber fehlende Ressourcen, Erfahrung oder genetisches Talent ausgleichen. Selbstdisziplin ist also der große Gleichmacher!
Stelle dir Selbstdisziplin als einen Hebel vor, der deine derzeitigen technischen und körperlichen Fähigkeiten vervielfacht – und indem du eine größere Selbstdisziplin entwickelst, vergrößerst du diesen Hebel!
Gesunde Hingabe besitzen
Was zählt also zu einer gesunden Hingabe? Angesichts meiner energischen und hochkonzentrierten Herangehensweise an alles, was mit Training und Klettern zu tun hat, denkst du vielleicht, dass Erics Art von Intensität oder Erics Anleitung etwas übertrieben ist. Ja, das habe ich schon einmal gehört, aber ich nehme es als Kompliment – Lieber zu fokussiert, zu analytisch und zu diszipliniert sein, als zerstreut und faul zu sein. Aber ich schweife ab.
Um es klar zu sagen: Ja, es gibt so etwas wie Überengagement und Übertreibung bei der Verfolgung der eigenen Ziele! Während Selbstdisziplin, Ausdauer und Hingabe allesamt notwendig sind, um ungewöhnliche Erfolge und maximale Erfahrung zu erzielen, ist es gesund und sogar vorteilhaft, sich gelegentlich eine Auszeit zu nehmen und mit strenger Selbstdisziplin zu brechen. Einen Tag pro Woche, ein Wochenende pro Monat und sogar ein paar Wochen pro Jahr freizunehmen ist unerlässlich, um deinen Geist zu erfrischen, deinen Körper auszuruhen und einem Burnout vorzubeugen. Das ist eine Praxis, die von vielen der besten Kletterer in Vergangenheit und Gegenwart angewendet wird: Caldwell, Sharma, Hill, Güllich, Skinner und viele andere sind dafür bekannt, dass sie sich nach einer langen Saison oder nach Erreichen eines großen Ziels eine Auszeit vom Klettern nehmen. Du solltest es auch.
Gesunde Hingabe
Wenn dir das Klettern wirklich wichtig ist, dann bist du es dir selbst schuldig, ein gesundes Maß an Hingabe an den Tag zu legen. Das ist die Menge, die dich kurzfristig mit Energie versorgt und dich für die kommenden Jahre motiviert hält. Im Folgenden stelle ich drei deutlich unterschiedliche Ebenen der Hingabe vor. Darunter auch das, was ich für ein gesundes Maß an Hingabe halte. Welcher dieser Level trifft auf dein aktuelles Hingabe-Niveau zu?
- Geringe Hingabe ist exemplarisch für den Träumer, der wenig sinnvolle Maßnahmen in Richtung eines Ziels unternimmt. Er folgt den Weg des geringsten Widerstands und fordert sich selten selbst heraus. Beim Klettern zeigt sich eine geringe Hingabe bei einer Person wie folgt: Obwohl sie sich Ziele setzt, trainiert sie willkürlich, klettert selten, treibt sich selten bis zum Sturz an und hält in schwierigen Zeiten nicht durch.
- Eine gesunde Hingabe zeigt sich in der leidenschaftlichen Person, die ein Traumziel hat, einen Aktionsplan, um es zu erreichen, und die täglichen Schritte in Richtung des Ziels aufzeichnet. Und das während sie ein Gefühl der Ausgeglichenheit in ihrem Leben bewahrt. Ein Kletterer mit einem gesunden Maß an Hingabe trainiert und klettert optimal (anstatt obsessiv), übt Selbstdisziplin bei der Bestimmung der Zeiteinteilung und bei der Vermeidung von Ablenkungen (Menschen, Orten und Situationen), opfert Dinge, die mit wichtigen Zielen in Konflikt geraten, und balanciert sein/ihr Kletterleben mit anderen hochwertigen Aktivitäten außerhalb des Kletterlebens. Bei gesunder Hingabe geht es darum, sich ernsthaft dem Klettern zu widmen, aber nicht um einer obsessiven Hingabe, die alle anderen Dinge im Leben als unwichtig abtut.
- Ungesunde Hingabe ist gekennzeichnet durch obsessives Denken und Streben nach einer Aktivität oder einem Ziel auf Kosten aller anderen Dinge. Einschließlich des eigenen körperlichen und geistigen Wohlbefindens. Ungesunde Hingabe für das Klettern wird durch die Person veranschaulicht, die jeden Tag klettert und trainiert oder bis zu dem Punkt, an dem sie sich chronisch verletzt. Es zeigt sich auch bei denjenigen, die wichtige Beziehungen vernachlässigen oder andere wichtige Lebensbereiche sabotieren, um ihre Ziele zu erreichen. Während Kletterer mit ungesundem Engagement für eine gewisse Zeit erhebliche Erfolge verzeichnen können, werden sie letztendlich verletzt, depressiv und ausgebrannt sein, und daher werden sie ihre großen, langfristigen Ziele wahrscheinlich nicht erreichen.
Den nächsten Level zu erreichen oder das „Unmögliche“ zu tun, ist ein Kampf, der mehr im Kopf als im Körper ausgetragen wird.
Weiterführende Artikel:
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- Wie du dein Training optimierst und dein maximales Potential als Kletterer entfaltest
- 6 Feinde der Konzentration
- 5 Strategien zum Schärfen der Konzentration um besser zu klettern!
Wenn dich dieser Artikel zum Nachdenken anregt hat, bzw. einleuchtend war, dann lies bitte das Buch Maximum Climbing von Eric Hörst!
Übersetzt mit freundlichem Einverständnis von Eric Hörst von trainingforclimbing.com.
Originalartikel von Eric Hörst erschienen im März 2018 auf trainingforclimbing.com
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